Nachruf: Prof. Dr. Dietrich Fürst

Am 11. Juni 2024 starb Prof. Dr. Dietrich Fürst im Alter von 84 Jahren in Hannover.


Dietrich Fürst wurde am 2. März 1940 in Zwickau, Sachsen, geboren. Nach seinem Abitur in Kiel studierte er Volkswirtschaftslehre an den Universitäten Kiel (1960-61) und zu Köln (1961-64). Von 1965-1967 war er Assistent am Kommunalwissenschaftlichen Forschungszentrum (heute: difu) Berlin und anschließend von 1967-74 Assistent von Prof. Dr. Karl-Heinrich Hansmeyer am Seminar für Finanzwissenschaft und Finanzwissenschaftlichen Forschungsinstitut der Universität zu Köln. 1968 promovierte er dort zum Dr. rer.pol. mit dem Thema „Die Ausgleichsfunktion der Kreisumlage“, 1974 habilitierte er sich dort mit dem Thema „Kommunale Entscheidungsprozesse. Ein Beitrag zur Selektivität politisch-administrativer Prozesse“.

1974 führte ihn seine wissenschaftliche Laufbahn in Vertretung von Prof. Dr. Fritz W. Scharpf an den Fachbereich Politik- und Verwaltungswissenschaften der Universität Konstanz, 1975 folgte er dem Ruf dorthin auf eine C3-Professur. 1981 erhielt er den Ruf auf die C4-Professur für Landesplanung und Raumforschung am gleichnamigen Institut am Fachbereich Landespflege der Universität Hannover (heute Teil des Instituts für Umweltplanung der Fakultät für Architektur und Landschaft der Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover). Er hatte diese inne, bis er Anfang 2004 in den Ruhestand versetzt wurde. Auch danach war er mehr als 10 Jahre wissenschaftlich höchst aktiv, wie zahlreiche Publikationen beweisen.

1981 wurde Prof. Dr. Fürst zum Korrespondierenden Mitglied, 1990 zum Ordentlichen Mitglied der Akademie für Raumforschung und Landesplanung (ARL) berufen. Er war in der ARL eines der engagiertesten Mitglieder und hat in weit über 20 Arbeitsgremien, insbesondere zu Themen der Regionalplanung, aktiv und z.T. leitend mitgewirkt. Er hat in mehreren Redaktionsausschüssen für Grundlagenwerke der Raumordnung und Raumentwicklung mitgewirkt. Seine Vorträge haben viele Veranstaltungen der ARL geprägt.

Mitte der 1990er Jahre war er ein Jahr lang beurlaubt und forschte als Fellow am Institut Arbeit und Technik in Gelsenkirchen. In Niedersachsen hat er sich vor allem in der Wissenschaftlichen Gesellschaft zum Studium Niedersachsens (WIG) als Vorstandsmitglied sowie insbesondere für deren Zeitschrift Neues Archiv für Niedersachsen als langjähriger Leiter der Redaktion engagiert. Zudem war er im Hannoveraner Kompetenzzentrum Raum und Region, einer Einrichtung der Vermittlung zwischen Wissenschaft und Praxis, sehr aktiv.

Prof. Dr. Fürst nutzte die Möglichkeiten zur Zusammenarbeit am FB Landschaftsarchitektur und Umweltentwicklung der Universität Hannover, um deutschlandweit führend über die Organisation von Umweltverwaltungen sowie die Ökologische Orientierung der Raumordnung zu forschen. Später kamen insbesondere Untersuchungen zur Übertragbarkeit von Konzepten und Ansätzen aus dem anglo-amerikanischen Raum (wie mediation, regional management, regional co-operation, coordination and leadership, place-making, regional and local governance, strategic planning, planning cultures) auf die deutsche Planung, insbesondere die Regionalplanung, hinzu. Dabei befasste er sich auch schon früh mit dem (Spannungs-) Verhältnis von Raumordnung und Raumentwicklung, die ihre Attraktivität nicht zuletzt durch die Vergabe von Fördermitteln gewinnt. Methodisch haben Fürst und Mitarbeitende das strukturierte Interview in Forschungsprojekten perfektioniert, wo es darauf ankam, den relevanten Akteurinnen und Akteuren ex-post die wesentlichen Fragen zielführend zu stellen. Fürst blieb dabei immer Volkswirt und Politik- und Verwaltungswissenschaftler und war interessierter Beobachter der Planenden-Community. Er hat sich vor allem um die Transparenz und Nachvollziehbarkeit planerischen Entscheidens und Handelns insbesondere auf der regionalen Planungsebene sehr verdient gemacht.

In der Lehre hat Prof. Dr. Fürst neben dem Kernfach Landes- und Regionalplanung den Studierenden der Landespflege/Landschafts- und Freiraumplanung sowie der Geographie insbesondere Planungstheorie und -methodik sowie verwaltungswissenschaftliche Grundlagen auf hohem Niveau vermittelt, wobei viele nach Eintritt ins Berufsleben in der Verwaltung oder in Kontakt mit der Verwaltung festgestellt haben, wie wertvoll und praxisnah dies für das Verständnis und Fortkommen war. Es ist kein Zufall, dass eine ganze Reihe von Alumni der Jahre seines Wirkens an der Universität Hannover bis heute in Niedersachsen die Praxis der Landschaftsplanung, aber auch der Raumordnung mit prägen. Nach einer Reihe von Kurzeinsätzen für die GTZ führte er das Fach Planen in Entwicklungsländern ein.

Prof. Dr. Fürst war über viele Jahrzehnte eine prägende Persönlichkeit für die planungswissenschaftliche Forschung im deutschsprachigen Raum. Seine Worte fanden – auch weit über seine Dienstzeit an der Universität hinaus – nicht nur in der wissenschaftlichen Diskussion, sondern auch in der Planungspraxis große Aufmerksamkeit. Nicht zuletzt hat er Hannover als Standort planungswissenschaftlicher Forschung und Lehre maßgeblich profiliert.